Unfassbar: VG Nassau bietet alte Schule feil
15. Mai 2007
Es ist kaum zu fassen: Während sich die Mitglieder des Weinährer Gemeinderats noch den Kopf zerbrechen über die Zukunft der alten Schule, hat die Verbandsgemeindeverwaltung bereits im Alleingang entschieden: In der Internet-Gebäudebörse des Landes Rheinland-Pfalz steht die alte Schule seit geraumer Zeit schon zum Verkauf. Als Kontaktadresse wird Bruno Rink genannt, der Büroleitende Beamte der Verbandsgemeindeverwaltung in Nassau. Die Gemeinde Weinähr war über diese Veröffentlichung nicht informiert, wie Ortsbürgermeister Mathias Schliemann heute Morgen bestätigte. „Das ist schon eine Frechheit und ein klarer Fall von Kompetenzüberschreitung der Verbandsgemeinde“, kommentiert der Weinährer Bürgermeister den Vorgang.
Dass er überhaupt von der Sache erfahren hat, sei purer Zufall gewesen, wie er berichtet. Am Montag habe der Südwestfunk Kontakt mit ihm aufgenommen, um über die alte Weinährer Schule zu berichten. Die SWR-Mitarbeiterin habe sich im Gespräch mit ihm auf die Gebäudebörse des Landes berufen; dort stehe die Schule zum Verkauf, erzählte sie. Beim Betrachten der Anzeige im Internet staunte Mathias Schliemann wenig später nicht schlecht: Mit mehreren Fotos und sämtlichen Details zu Gebäude und Grundstück wird dort die alte Schule feilgeboten. Allerdings, so Mathias Schliemann, seien nicht alle Angaben korrekt. So sei zum Beispiel von einer ehemaligen Lehrerwohnung die Rede. Schliemann: „Da hat nie ein Lehrer drin gewohnt. Hier wird suggeriert, dass man dort sofort einziehen und wohnen könnte.“
Besonders brisant aus Sicht des Ortsbürgermeisters ist die Tatsache, dass der Weinährer Gemeinderat sich vor etwa einem Jahr noch einmal klar gegen einen Präsentation des Schulgebäudes im Internet entschieden hat. Damals stand die Ãœberlegung im Raum, die Schule auf der Weinährer Homepage anzubieten. „Das aber wollte der Rat nicht“, so Mathias Schliemann. Vor der Suche nach einem Käufer wollte der Gemeinderat auf Vorschlag des Ratsmitglieds Heinz-Peter Schuck in einer Sondersitzung einen Grundsatzbeschluss fassen, ob das Gebäude verkauft oder abgerissen wird. Diese Sitzung ist am kommenden Dienstag, 22. Mai, 19.30 Uhr im Rathaus. Die Präsentation der alten Schule im Internet könnte die Ratssitzung durchaus beeinflussen, wenn sich vor dem 22. Mai aufgrund der Anzeige noch ein Interessent meldet, befürchtet Mathias Schliemann.
Sofort nach Bekanntwerden der eigenmächtigen  Internet-Offerte durch die Verbandsgemeinde hat Ortsbürgermeister Schliemann reagiert und in mehreren E-Mails von der Nassauer VG-Verwaltung verlangt, das Angebot unverzüglich aus dem Internet herauszunehmen. Von Bürgermeister Udo Michael Rau (CDU) habe er bei dieser Gelegenheit erfahren, dass die Verwaltung kürzlich vom Rhein-Lahn-Kreis aufgefordert worden sei, Gebäude zu benennen, die man in der Internet-Gebäudebörse des Innenministeriums anbieten könnte. Dabei sei man dann offenbar auf die Idee verfallen, die Weinährer Schule zum Verkauf anzubieten. Man habe es doch nur gut gemeint, verlautete aus der Verwaltung. Dazu Mathias Schliemann: „Ich wusste gar nicht, dass das Interesse der Verbandsgemeindeverwaltung an dem alten Schulgebäude so groß ist !“
Die Verärgerung von Ortsbürgermeister Mathias Schliemann ist verständlich. Ich wäre auch ungehalten, wenn jemand mein Haus zum Verkauf anbietet, ohne mich davon in Kenntnis zu setzen. Noch sind die Ortsgemeinden eigenständig und verfügen frei über ihr Eigentum, sonst könnte man sich den Gemeinderat gerade sparen. Dass dies auch nach einer Kommunalreform 2014 so bleiben soll, hat Ministerpräsident Kurt Beck mehrfach betont. Und das ist auch gut so.
Die Verbandsgemeindeverwaltung hat – womöglich in guter Absicht – einen Fehler gemacht, als sie die alte Schule im Internet anbot. Diesen Fehler sollte sie so schnell wie möglich korrigieren, und auch eine Geste der Entschuldigung wäre vielleicht angebracht. Nicht angebracht wäre meiner Meinung nach, wenn man sich im Adelsheimer Hof jetzt darüber entrüsten würde, dass die Angelegenheit an die Öffentlichkeit gelangt ist. Nun ist zu hoffen, dass die Internet-Anzeige verschwindet, und zwar vor der Ratssitzung am 22. Mai. Noch eines: Die Gebäude-Börse des Landes ist eine gute Sache und könnte sicher dazu beitragen, die alten Ortskerne zu beleben.
Nimmt das eigentlich jeder so hin???
Ich warte seit Tagen auf einen Sturm der Entrüstung, auch im Blog, denn im Ort wird viel darüber diskutiert.
Ich finde es auf jeden Fall prima, wenn hier demokratisch und im Rahmen der Pressefreiheit, zur Sprache kommt, was anderweitig scheinbar lieber im stillen Kämmerlein des Adeslheimer Hofes in oligarchischer Manier ausgebrütet wird.
Die alte Schule wird übrigens immer noch im Internet angeboten.
Vielleicht sehen wir das aber alle auch viel zu eng und es geschah in der guten Absicht, uns einen Käufer zu präsentieren, damit vom Verkaufserlös die marode Treppe am Miedziankit repariert werden kann :-).
Mit unserer Schule übt man auf dem Immobilienmarkt, wenn das funktioniert, geht man vielleicht auch an die LVA oder den Adelsheimer Hof ran, wobei, das Schloss wäre doch auch nicht schlecht…