Neue Abwasserentgelte: Große Grundstücke zahlen mehr
13. Januar 2011
Die zum 1. Januar 2011 eingeführten neuen Abwasserentgelte in der Verbandsgemeinde Nassau sind nicht unbedingt mit höheren Belastungen für alle Bürger verbunden. Dies machte Bürgermeister Udo Rau (CDU) in der Einwohnerversammlung für Winden und Weinähr am Dienstagabend im Bürgerhaus Winden klar. Mit einer Beispielsrechnung erläuterte Rau, dass eine vierköpfige Familie mit Einfamilienhaus auf einem 800 Quadratmeter großen Grundstück und einem Wasserverbrauch von 140 Kubikmetern pro Jahr sogar 13 Euro weniger fürs Schmutzwasser zahlt als bisher.
Allerdings wird es auch Bürger geben, die künftig mehr zahlen müssen, sagte Rau. Zu ihnen gehören die Eigentümer größerer Grundstücke und Haushalte mit einem geringen Wasserverbrauch, beispielsweise Singles. Dort schlägt der neue Wiederkehrende Beitrag Schmutzwasser (WBS) stärker durch als bei den Eigentümern kleinerer Grundstücke mit höherem Wasserverbrauch. Neu ist, dass auch die Eigentümer unbebauter Grundstücke für die Schmutzwasserentsorgung zur Kasse gebeten werden.
Wie Rau vor rund 200 Bürgern aus beiden Ortschaften betonte, hat der Verbandsgemeinderat die Abwasserentgelte gesplittet. Unverändert bleibt der wiederkehrende Beitrag Niederschlagswasser („Regensteuer“) von 76 Cent pro Quadratmeter Abflussfläche. Die eigentliche Schmutzwassergebühr teilt sich künftig in eine — wie bisher auch — verbrauchsbezogene Gebühr und — neu — eine verbrauchsunabhängige Gebühr, der sogenannte wiederkehrende Beitrag Schmutzwasser.
Die Schmutzwassergebühr wurde deutlich gesenkt und beträgt nur noch 2,76 Euro (bisher: 4,49 Euro) pro Kubikmeter Abwasser, den die Haushalte in die Kanalisation einleiten. Auch das Einleiten aus Brauchwasser-Zisternen wird kostenpflichtig, so Rau, wobei dieses Schmutzwasser künftig über einen separaten Zähler gesondert erfasst werde. Wer den Betrieb einer Brauchwasser-Zisterne, beispielsweise für die Toilettenspülung, verschweigt, begeht Steuerhinterziehung, sagte Rau. Nicht gebührenpflichtig seien Zisternen nur zur Gartenbewässerung. Der bisherige Abzug von pauschal zehn Prozent auf den Wasserverbrauch entfällt, weil er insgesamt zu höheren Gebühren geführt und deshalb keinen Sinn gehabt habe.
Zusätzlich zur Schmutzwassergebühr zahlen die Bürger einen jährlich wiederkehrenden Beitrag von 16 Cent pro gewichtetem Quadratmeter Grundstücksfläche. Und diese Grundstücksfläche berechnet sich so: Grundstücksgröße plus 30 Prozent für bis zu zwei Vollgeschosse (plus eventuell 15 Prozent für jedes weitere Vollgeschoss). Dies ergibt zum Beispiel für ein 800 Quadratmeter großes Grundstück folgende Kalkulation: 800 plus 30 Prozent mal 0,16 = 166,40 Euro. Bei einem Jahresverbrauch von 140 Kubikmetern Wasser zahlt ein Hauseigentümer also 166,40 Euro wiederkehrenden Beitrag Schmutzwasser plus 386,40 Euro Schmutzwassergebühr (= 140 mal 2,76) , also insgesamt 552,80 Euro. Bisher zahlte der Haueigentümer: 140 Kubikmeter minus zehn Prozent (entfällt jetzt) mal 4,49 Euro gleich 565,74 Euro. Ergo: Die neue Gebühr ist für den hier als Beispiel gewählten Hauseigentümer etwas günstiger als bisher.
Aufgezehrt wird dieser Vorteil allerdings durch die um zwölf Euro (jetzt 132 Euro) erhöhte Zählergebühr. Auch für das Wasser zahlt der Verbraucher etwas mehr, weil der Pauschalabzug von zehn Prozent entfällt. Immerhin sei der Kubikmeterpreis fürs Wasser bei 1,90 Euro stabil geblieben, so Rau.
Den WBS zahlen auch Eigentümer unbebauter Grundstücke, die damit an den hohen Fixkosten der Abwasserentsorgunganlagen beteiligt werden sollen, so Rau. Auf Nachfrage von Gerhard Fritsche räumte Rau ein, dass sich Wassersparen nach dem neuen Gebührenmodell nicht mehr im selben Ausmaß lohnt wie bisher. Und: Wer ein großes Grundstück besitzt, zahlt einen höheren WBS, wer weniger Wasser verbraucht, wird durch den neuen Beitrag — im Verhältnis — ebenfalls höher belastet als Verbraucher großer Wassermengen.
Nach Raus Angaben werden in den nächsten die Feststellungsbescheide über die gewichtete Grundstücksfläche versandt, die der Berechnung des wiederkehrenden Beitrags Schmutzwasser dient. Rau empfahl, diese genau zu prüfen.Er wies auch darauf hin, dass die demnächst verschickten Abrechnungen 2010 der Verbandsgemeindewerke noch nach der alten Gebühr vorgenommen wurden.
Hintergrund des neuen Gebührenmodells ist laut Rau die Kostenstruktur der Abwasserbeseitigung in der VG Nassau. Diese ist geprägt von hohen Fixkosten, wobei Zinsen für Kredite einen großen Anteil ausmachen. Seit 1987 seien rund 55 Millionen Euro in die Abwasserrbeseitigung, also den Bau von Kläranlagen, Verbindungssammlern, Pumperken, Regenüberlaufbecken und Flächenkanälen, investiert worden. Kosten, die vor allem über die Schmutzwassergebühr finanziert würden. Da jedoch der Wasserverbrauch seit Jahren zum Teil stark rückläufig sei, habe die Verbandsgemeinde die Schmutzwassergebühr immer weiter erhöhen müssen, um die notwendigen Einnahmen für den Betrieb und die Erneuerung der Abwasseranlagen sicherzustellen. Um den Teufelskreis aus sinkendem Wasserverbrauch und steigenden Gebühren zu durchbrechen, habe der Verbandsgemeinderat den wiederkehrenden Beitrag Schmutzwasser eingeführt, so dass die Werke künftig einen festen Betrag einnehmen, der sich nicht nach dem schwankenden Wasserverbrauch richtet. 35 Prozent der Schmutzwassergebühr soll über den wiederkehrenden Beitrag, 65 Prozent über den Wasserverbrauch abgerechnet werden.