Das gab es noch nie: Die Gemeinderäte von Obernhof und Weinähr tagten im Weinährer Rathaus gemeinsam unter einem Dach. Gemeinsam und einstimmig fassten sie auch einen Beschluss: Beide Räte sprachen sich dafür aus, die Flurbereinigung der Weinberge beider Orte auf den Weg zu bringen.
Der Weinbau hatte beide Gemeinderäte zu ihrer historischen Sitzung zusammengeführt. Ging es doch um nicht weniger als um die Zukunft dieses Erwerbszweiges, der nach den Worten von Winzer Helge Ehmann und Ortsbürgermeister Mathias Schliemann ein „Alleinstellungsmerkmal“, etwas ganz Besonderes also darstellt, das beide Dörfer von Hunderten anderen Orten entlang der Lahn abhebt. Dass damit auch Möglichkeiten verbunden sind, den heimischen Tourismus anzukurbeln, klang im Verlaufe der Sitzng denn auch immer wieder an.
Ziel der Flurbereinigung, die im Rahmen des sogenannten ILE-Prozesses — das bedeutet Integrierte Ländliche Entwicklung — mit bis zu 90 Prozent vom Land gefördert wird, ist es nach Angaben von Werner Nick und Manfred Gerner vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel die wirtschaftlichen Grundlagen des hiesigen Weinbaus so zu verbessern, dass er mittel- und langfristig eine Zukunft hat. Die Analyse habe nämlich ergeben, dass der Arbeitsaufwand auf den heimischen Rebflächen mühselig ist: Rund 1200 Stunden seien notwendig, um einen Hektar zu bewirtschaften. „Da muss dringend etwas passieren“, sagte Manfred Gerner.
Die Rebflächen sollten dieshalb zum einen so verändert oder terrassiert werden, dass Maschinen, vor allem Raupen, hier eingesetzt werden können, zum Beispiel, um die Flächen zu mulchen. Darüber hinaus sollten Flächen so zusammengelegt werden, dass jeder Winzer maximal noch zwei verschiedene zusammenhängende Flächen bewirtschaften muss.
Notwendig ist aus Sicht der Fachleute aber auch eine Verjüngung des Rebstockbestandes, vor allem aber eine Ausweitung der Fläche. Derzeit würden von drei Vollerwerbs- und drei Nebenerwerbswinzernn insgesamt sieben Hektar Fläche bewirtschaften. In Zukunft sollen es vier bis fünf Hektar mehr sein. Dies sei schon deshalb notwendig, damit der Maschineneinsatz rentabel ist. In Obernhof ist eine Erweiterung des Goetheberges vorgesehen sowie Neuausweisung einer Weinbaufläche im Tal („Adelhahn“); in Weinähr soll vor allem die Lage „Giebelhöll“ des Weinguts Scherer in östlicher Richtung vergrößert werden. Da hier der Einsatz einer Raupe schwieriger sein dürfte als in Obernhof, schlugen die Fachleute Querterrassen vor, damit dort ein Fahrzeug zum Einsatz kommen kann. Ãœberalll sei es ebenso notwendig, Zuwegungen zu verbessern, wobei unter Umständen auch angrenzende Freiflächen einbezogen werden könnten.
Helge Ehmann betonte, hier gehe es nicht allein darum, die wirtschaftlichen Grundlagen für die Winzer zu verbessern, sondern auch um den Erhalt einer Kulturlandschaft der Winbergterrassen mit ihren Trockenmauern. Es gelte, einer drohenden Verbuschung entgegenzuwirken, meinte der Winzer. Das Weinährer Gemeinderatsmitglied Heinz-Peter Schuck (SPD) regte an, im Zuge der Flurbereinigung auch die Anpflanzung von Pfirsichbaumbeständen wieder aufzugreifen, wie sie früher bereits existiert hätten. Alles sei besser als weitere Verbuschung.
Laut einer weiteren Analyse ist die Region Obernhof/Weinähr von den natürlichen Gegebenheiten gut geeignet für Weinbau. Die Fachleute empfahlen beiden Dörfern außerdem, im Verbund mit Lahnwanderweg und Radweg ein touristisches Gesamtkonzept zu erstellen. Dabei sollte auch ein jüngeres Publikum angesprochen werden, beispielsweise mit einem „herausfordernden Wanderweg“. Nick und Gerner legten nahe, dass die Gelegenheit günstig sei, jetzt im Zuge der finanziellen Förderung des Landes weitere Entwicklungsaspekte für Weinähr und Obernhof in die Ãœberlegungen einzubeziehen.
Als nächstes wird eine Projektuntersuchung vorgenommen, die voraussichtlich im Herbst beiden Orten vorgestellt werden soll. Die eigentliche Flurbereinigung kann anschließend 2011 beginn und soll voraussichtlich bis 2015 dauern.
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