Wenn Liebe durch den Magen geht…
29. Januar 2011
Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Ein Sprichwort, das sich beim Literarisch-musikalisch-kulinarischen Abend der Weinährer Schnooge am Freitagabend im Arnsteiner Hof buchstäblich bewahrheitete. Zwischen den Gängen eines leckeren Menüs, das Anne Scherer zubereitet hatte, lasen Karin Netuschil und Bertold Arnold Gedichte und Texte vor, die das Thema „Liebe, Lust und Leid“ behandelten. Auf der Gitarre unterhielt George Rademacher aus Koblenz.
Wohl kaum ein Thema dürfte in der Literatur so häufig bearbeitet worden sein wie die Liebe. Deshalb sei es gar nicht so leicht gewesen, aus der Fülle der Texte eine Auswahl zu treffen, sagte Bertold Arnold, der zusammen mit Karin Netuschil die vielen Aspekte von Liebe an diesem Abend deutlich machte. Sie reichten von der romantischen Liebe, die Johann Wolfgang von Goethe in Gedichten wie „Gefunden“ und „Nähe der Geliebten“ beschrieb, bis hin zu Liebe und Tod, wie sie beispielsweise Hans Sahl in seiner „Geschichte des Augustus Hamburger“ schilderte. Natürlich durfte auch das berühmte „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ von Heinrich Heine, der Text für das melancholische Loreley-Lied, nicht fehlen.
Den Rausch der Verliebtheit verarbeitete Joseph von Eichendorff in seinem Gedicht „Frühlingsnacht“, während Ludwig Uhland fast gotteslästerlich einen Orgasmus mit der Auferstehung parallelisierte. Die Wollust der Liebe thematisierten Expressionisten wie Georg Heym und August Stramm. Dass Liebe mitunter verwirrend ist, vermittelte das Dada-Gedicht des Hannoveraners Kurt Schwitters, und humorvoll nahm sich Heine der Liebe in seinem Gedicht „Worte! Worte! Keine Taten! an. Darin beschrieb der ans Bett gefesselte Dichter den Liebesakt als Therapie. Weitere Aspekte der Liebe behandelten Kurt Tucholsky in dem Text „Lottchen beichtet einen Geliebten“ (Liebe im Plural), Bertold Brecht in „Die Liebenden“ (Liebe und Vergänglichkeit), André Gorz „Brief an D.“ (Tod und Liebe) oder auch Robert Gernhardt, der in seinen „Schneiden und scheiden“ die Produktivität der Liebe schilderte.
Ein liebevoll zusammengestellter Querschnitt vieler Epochen und Literaturstile, den Karin Netuschil und Bertold Arnold mal einfühlsam, mal eindringlich, ja leidenschaftlich, vortrugen. Eine wunderbare Ergänzung war das Gitarrenspiel von George Rademacher, der sich mit Stücken aus Barock und Klassik als Meister seines Fachs erwies. Und dass es den knapp zwei Dutzend Gästen hervorragend mundete, muss eigentlich kaum extra betont werden. Eine schöne Idee der Schnooge, sinnliche und geistige Genüsse auf so vortreffliche Weise miteinander zu verbinden.