„Wir haben eine gute Dorfgemeinschaft“
22. Mai 2013
Vergangenheit und Zukunft der Ortsgemeinde Weinähr standen im Mittelpunkt eines Treffens der Bürgerliste Weinähr am Dienstagabend im Landhotel Weinhaus Treis. Ein gutes Dutzend interessierter Bürgerinnen und Bürger waren zu der Zusammenkunft erschienen, bei der kontroverse Themen nicht ausgespart wurden.
Ortsbürgermeister Mathias Schliemann zeichnete in einer bis ins Jahr 1998 zurückreichenden Bilanz — damals wurde die Bürgerliste unter seiner Mitwirkung ins Leben gerufen — ein überwiegend positives Bild von der Gelbachgemeinde. Ein Bild, das allerdings von einer drückenden Schulenlast getrübt wird: Mit rund 300.000 Euro (839 Euro pro Kopf) steht die Ortsgemeinde in der Kreise. Besserung sei nicht in Sicht, sagte Schliemann mit Blick auf steigende Umlagezahlungen an Verbandsgemeinde und Kreis und zurückgehenden Schlüsselzuweisungen des Landes. Immerhin habe die Ortsgemeinde mit ihrer freiwilligen Teilnahme am kommunalen Entschuldungsfonds des Landes den Weg der Konsolidierung beschritten.
Angesicht der prekären finanziellen Lage der Ortsgemeinde sei das bürgerschaftliche Engagement umso bedeutsdamer. Und hier zeigte sich Schliemann sehr zufrieden. „Das bürgerschaftliche Engagement in Weinähr lebt, wir haben eine gute Dorfgemeinschaft.“ Schliemann verwies in diesem Zusammenhang auf das Wirken der freiwilligen Feuerwehr, der TuS, aber auch von vielen Bürgern, beispielsweise bei der Gestaltung des Dorfplatzes. Dort seien von 65 Bürgerinnen und Bürgern Eigenleistungen im Gesamtwert von rund 53.000 Euro erbracht worden, so der Ortschef.
In der zurückliegenden Dekade seien rund 441.000 Euro in der Ortsgemeinde investiert worden. Dafür habe Weinähr 210.000 Euro Zuwendungen aus verschiedenen Quellen erhalten. Im Einzelnen nannte Schliemann die Sanierung der Gelbachbrücke gemeinsam mit Obernhof (117.000 Euro), die Gestaltung des Brückenvorplatzes (14.000 Euro), des Friedhofs (26.000 Euro), die Erneuerung der Rathausfassade (75.600 Euro) und nicht zuletzt die Dorfplatzsanierung („das tollste Projekt, das Weinähr je hatte), das rund 186.000 Euro Gesamtkosten verursacht hat. Aktuell wird die Kellereistraße saniert, wofür 10.000 Euro Landeszuschuss fließt. Auch die Installation eines Wildzauns am Friedhof und die Arbeiten am Weinährer Kreuz seien Beispiele eines gelungenen Bürgerengagements, meinte Mathias Schliemann. Ein dickes Lob spendete der Ortschef überdies der Weinährer Rentnerband, die alljährlich 700 bis 1000 Arbeitsstunden leiste und so zur erheblichen finanziellen Entlastung ihrer Gemeinde betrage.
Weniger positiv sah Schliemann seine Versuche, die Kinder- und Jugendarbeit im Dorf zu beleben. Es habe sich als äußerst schwierig erwiesen, den Weinährer Nachwuchs zu gemeinsamen Aktivitäten zu animieren. Dankbar zeigte Schliemann sich über die Angebote von Ratsmitglied Andrew Barnes, der mit seinem kostenlosen Englischkurs und verschiedenen anderen Aktivitäten um die Jugendlichen des Dorfes kümmere.
Der Ortsbeigeordnete Hubert Bender meinte, dass eine der wichtigsten Zukunftsaufaben der Erhalt und Ausbau der Infrastruktur sei, beispielsweise von schnellem Internet. Nur mit einer guten Infrastruktur und einer guten Dorfgemeinschaft lasse sich der Wert der Weinährer Häuser auf Dauer auf einem guten Niveau erhalten, meinte der Kommunalpolitiker.
Für Diskussionssstoff sorgte die Zukunft des Weinährer Fassenachtszuges. Laut Schliemann verlangt der Gesetzgeber seit neuestem, dass die Karnevalswagen vom TÜV geprüft werden. Derzeit sei fraglich, ob die Wagenbauer bereit sein werden, die damit verbundenen Kosten zu übernehmen. Mehrere Teilnehmer der Versammlung befürchteten, dass dies das Ende des Weinährer Zuges bedeuten könnte. Zumal Schliemann klarmachte, dass er selbst die Verantwortung und das Risiko von Unfällen nicht übernehmen könne.
Einen kurzen Schlagabtausch lieferten sich an diesem Abend der Unternehmer Jörg Gensmann und Ortschef Schliemann. Dabei ging es unter anderem um die aus Schliemanns Sicht vorhandenen Spannungen zwischen Bewohnern der Straße „Am Sonnenhang“ und der Firma Gensmann, die sich mitten in einem Wohngebiet befinde. Gensmann wies auf die Bedeutung seines Unternehmens als Steuerzahler und Arbeitgeber hin und verwahrte sich dagegen, dass seiner Firma ein Umzug in eine andere Gemeinde nahegelegt worden sei. Schliemann bestritt jede Absicht in diese Richtung, machte aber deutlich, dass ein gutes Einvernehmen zwischen dem Unternehmen und den übrigen Bewohnern des Wohngebiets notwendig sei.
Der Ortschef bekräftigte einmal mehr seinen Entschluss, aus beruflichen Gründen nicht mehr für das Amt des Ortsbürgermeisters oder auch für ein Ratsmandat zur Verfügung zu stehen. Er rief die anwesenden Bürger und alle anderen dazu auf, sich Gedanken über seine Nachfolge zu machen. Ebenso appellierte an alle Weinährer, über eine Mitwirkung im Gemeinderat nachzudenken. Vor allem sei es ihm ein Anliegen, dass künftig nur noch eine einzige Bürgerliste für den Gemeinderat gebildet wird. Die SPD habe ihre Bereitschaft signalisiert, daran mitzuwirken und – mangels eigenen Nachwuchses – auf eine eigene Liste zu verzichten. Schliemann lobte die konstruktive Zusammenarbeit innerhalb des Gemeinderat; die große Mehrzahl der Beschlüsse sei einstimmig getroffen worden. Bei einer Wahlberechtigtenversammlung soll im Frühjahr 2014 über die Liste zur Kommunalwahl entschieden werden. Schliemann betonte aber auch, dass es allen Bürgern freistehe, eine eigene Liste ins Leben zu rufen.